Politische Situation - Update

17Nov2019

Wie ich ja schon berichtet hatte, kam es hier in Bolivien nach den Wahlen zu Unruhen auf den Straßen. Dazu möchte ich euch ein kleines Update geben, da in den letzten Wochen einiges passiert ist, was sogar in den deutschen Nachrichten berichtet wurde.

Nachdem sich sowohl die Proteste gegen den Präsidenten Evo Morales, als auch dessen Drohungen gegen seine Gegner immer weiter verschärft hatten und es zu vielen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei kam, schloss sich die Polizei am 08.11 den Demonstranten an und legte ihr Amt nieder. Dies führte zu großer Erleichterung auf Seiten der Regierungsgegner und der Druck auf den Präsidenten stieg.

Am Tag darauf wurde dann von der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) der Wahlbetrug der Partei Evo Morales bestätigt, welcher daraufhin nachgab und Neuwahlen ankündigte. Damit gaben sich die Demonstranten, die mittlerweile seit fast 3 Wochen gegen den bisher verleugneten Wahlbetrug protestierten, aber nicht zufrieden.

Nachdem am 10.11 dann auch noch die Militärführung Evo Morales nahelegte, zurückzutreten, um den Frieden im Land wieder herzustellen, kündigte dieser kurz darauf schließlich seinen Rücktritt an - eine Neuigkeit, mit der keiner gerechnet hatte. Diese Nachricht löste bei seinen Gegnern große Erleichterung aus, da sie ihren Kampf für die Demokratie gewonnen sahen.

 Allerdings wurden die Spannungen im Land dadurch nicht aufgehoben, im Gegenteil. Seine Anhänger sprechen von einem "Putsch" und fühlen sich betrogen, sind wütend und haben Angst um die Zukunft. In der Nacht nach Morales Rücktritt kam es zu heftigen Ausschreitungen und Vandalismus in mehreren Städten Boliviens; es wurden Busse und Häuser angezündet und Demonstranten, bewaffnet unter anderem mit Dynamitstangen, strichen durch die Straßen und richteten großen Schaden an. Die darauf folgenden Tage schien Bolivien dem Chaos verfallen, ohne Präsidenten, Polizei oder Militär, bis letztere schließlich eingriffen.

Einige Tage nach Morales Rücktritt wurde die Oppositionspolitikerin Jeanine Áñez zur Interimspräsidentin ernannt, bis zu den Neuwahlen im Januar. Dies sorgte für Empörung bei Morales Anhängern und die Proteste gehen weiter. Seit das Militär aber gegen die Krawalle vorgeht, hat sich die Lage etwas beruhigt.

In La Paz beschränken sich die Proteste jetzt nur noch aufs Zentrum und nicht mehr auf die ganze Stadt. Allerdings gibt es in der Nachbarstadt El Alto, in der viele Anhänger des ehemaligen Präsidenten leben, immer noch starke Ausschreitungen und Blockaden, weshalb die Ein- und Ausfahrt nach La Paz für Busse und Zulieferungen, wie beispielsweise von Benzin, blockiert sind.

Evo Morales hat unterdessen Exil in Mexiko gefunden und kündet seine baldige Rückkehr an. In diesem Fall droht ihm aber eine Verhaftung.
Er behauptet weiterhin, er wäre durch einen Putsch gestürzt worden. Da sein Rücktritt aber aufgrund der Demonstrationen der Bürger gegen den bestätigten Wahlbetrug und für ihre Demokratie stattfand, kann man nicht von einem Putsch sprechen.

Wie es jetzt weiter geht, weiß keiner so genau. Evo Morales hinterließ ein gespaltenes Land und es liegt jetzt in den Händen der Politiker, wieder Ruhe und Frieden einkehren zu lassen.

Weitere Informationen findet ihr in folgenden Artikeln:

"Sturz eines Idols" - Spiegel

"Es ist kein Putsch" - Zeit

 
Mir ist in diesen Unruhen nichts passiert und ich bin weiterhin in Sicherheit. Ich durfte die letzten drei Wochen aus Sicherheitsgründen nicht zur Arbeit und das Haus nicht verlassen.
Trotzdem ist es ein unwirkliches Gefühl, solche Ereignisse live mitzubekommen und um die Zukunft des Landes zu bangen. Ich hoffe, dass die Situation sich jetzt endlich beruhigen wird und wieder etwas Normalität einkehrt. Bis alle Wogen geglättet sind, wird es aber noch eine ganze Weile dauern.

Liebe Grüße
Leona