Berichte von 01/2020

Senda Verde

11Jan2020

Die letzte Woche habe ich in der Senda Verde ("grüner Weg") verbracht. Dies ist ein Tierreservat in den Yungas bei Coroico, in dem Opfer des illegalen Tierhandels ein neues zu Hause finden.

Der Tierhandel ist neben dem Drogen- und Waffenhandel der größte illegale Markt in Bolivien. Da Jungtiere leichter zu fangen und weniger gefährlich sind, haben es die meisten Jäger auf diese abgesehen. Dabei werden meist die Mutter und mehrere weitere Mitglieder der Rudel getötet, um an die Jungtiere heran zukommen. Diese werden dann verkauft und enden in den meisten Fällen als Haustiere. Wenn sie älter und somit auch gefährlicher und anspruchsvoller in der Pflege werden, wollen viele Besitzer sie wieder loswerden.

Die Senda Verde nimmt all die Tiere auf, die auf der Straße ausgesetzt oder aus anderen Orten gerettet werden. Mitten in den Yungas bekommen sie dann ein neues zu Hause, das ihrem eigentlichen Lebensraum ähnelt. Zwar sind sie in der Senda Verde sicher und bekommen sowohl Mahlzeiten als auch medizinische Versorgung, trotzdem können die meisten der Tiere nie wieder in Freiheit leben. Das bolivianische Gesetz erschwert bzw. verbietet die Auswilderung solcher Tiere. Deshalb liegt es der Senda Verde sehr am Herzen, den Tieren das Leben so natürlich wie möglich zu gestalten.

Mittlerweile leben in der Senda Verde mehr als 800 Tiere. Von verschiedenen Vögeln über Affen, Hunde und Reptilien, bis hin zu Bären und Raubkatzen finden dort ca. 60 verschiedene Arten ein neues zu Hause. Finanziert wird das Projekt über Spenden, Freiwilligenarbeit und Touristen.
Um die Menschen dazu zu inspirieren, die Natur zu schützen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, sind einige Teile des Reservats für Touristen geöffnet. Um die Sicherheit der Tiere zu gewährleisten, können sie allerdings nur mit einem Guide besichtigt werden und auch nur ausgewählte Arten. Außerdem sind die Tiere durch Zäune von den Menschen geschützt. Anders als in Zoos sind in den meisten Fällen aber nicht die Tiere, sondern die Menschen eingezäunt, da viele der Tiere sich in der Anlage frei bewegen können.

SchwarzgesichtklammeraffenJaguarbolivianischer BrüllaffeNachtaffe

 Ich habe die Senda Verde als Freiwillige besucht und bei der Pflege der Tiere geholfen. Dadurch bin ich eine Woche lang zur Affen-Mama geworden. Vor circa einem Monat sind vier Jungtiere der bolivianischen Brüllaffen im Alter von 4 bis 7 Monaten in der Senda Verde angekommen. Sie stammen aus vier verschiedenen Fällen und ihre Mütter wurden getötet. Affen sind in diesem Alter noch sehr stark an ihre Mutter gebunden. Da die Babys aber nicht von den älteren Brüllaffen in der Senda Verde akzeptiert wurden, können sie nicht mit diesen zusammen leben und brauchen eine menschliche Ersatzmutter. Diese Rolle fällt in die Hände der Freiwilligen. Zusammen mit einer anderen Freiwilligen habe ich mich also rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, um die vier Affenbabys gekümmert. Da sie sehr empfindlich sind und momentan an Durchfall leiden, haben sie eine bestimmte Diät und wir mussten darauf achten, wann und was sie essen und wie sie sich verhalten. Da die Babys nicht alleine sein können, haben wir auch nachts mit ihnen geschlafen. Es war eine sehr anstrengende Arbeit bei der viel Geduld gefragt ist, aber mir hat es super gut gefallen und ich bin sehr froh, die Gelegenheit gehabt zu haben.

Zwei der Babys

 Mich hat die Senda Verde und ihr Konzept sehr überzeugt und es ist schade, dass ich nur eine Woche dort sein konnte. Wenn ich aber nochmal die Gelegenheit haben sollte, möchte ich unbedingt wieder kommen.
Es ist auf jeden Fall ein Projekt, dass es sich zu unterstützen lohnt. Falls ihr mehr über die Senda Verde oder vielleicht sogar über die Möglichkeiten der Unterstützung erfahren möchtet, findet ihr auf der Internetseite mehr Informationen.

 Liebe Grüße
Leona

 

In den Silberminen Potosís

01Jan2020

 Ich wünsche euch allen ein frohes neues Jahr!

Vergangenes Wochenende war ich mit zwei Freunden in Potosí.  Die Stadt liegt auf einer Höhe von circa 4000m am Fuße des Cerro Rico (reicher Berg), einem Berg reich an Mineralen und Silber, der die Stadt im 17. Jahrhundert zu einer der reichsten Städte der Welt machte. Auch wenn das Zink- und Silbervorkommen mittlerweile längst nicht mehr so groß ist wie früher, sind die Minen immer noch in Betrieb und auch für Touristen zu besichtigen.

Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Ausgestattet mit Schutzanzügen, Handschuhen, Mundschutz, Taschenlampe und Gummistiefeln ging es also auch für uns in die Tiefen der Mine.

In den engen und dunklen Gängen und Schächten erfuhren wir, wie die Minenarbeiter zu Zeiten der Kolonialisierung ausgebeutet wurden und unter welch schrecklichen Bedingungen die indigene Bevölkerung in den gefährlichen Minen von den Spaniern zur Arbeit gezwungen wurde. Viele der Arbeiter starben schon nach wenigen Tagen in kompletter Dunkelheit, andere an Lungenkrebs durch die hohe Quecksilber-Konzentration.

Wie uns der Guide mitteilte, hätte man mit dem Silber, welches die Spanier aus Potosí exportierten, eine gesamte Brücke von Potosí bis nach Madrid bauen können. Mit den Knochen der in den Minen verstorbenen Bolivianern hätte man allerdings zwei ganze Brücken errichten können.

Das einzige, was den Arbeitern Hoffnung gab, war ihr Glaube. Die Spanier wollten der indigenen Bevölkerung ihren Glauben an Pachamama austreiben und sie stattdessen zum Katholizismus konvertieren. In den Minen herrschte allerdings nicht Gott, sondern der Tío. Da die Aymara-sprechende Bevölkerung den Buchstaben "d" nicht aussprechen konnte, wurde aus "Dios" (Gott) der "Tío"(Onkel). Dieser wird oft mit Hörnern wie ein Teufel dargestellt und herrscht in seinem Reich, den Minen, über Schutz und Zerstörung. Da die Spanier die Minen nie betraten, erfuhren sie nichts von diesem Glauben.

 Als Opfergaben für den Tío bringen ihm die Minenarbeiter Coca-Blätter, Zigaretten und Alkohol. All dies kann man auch als Tourist vor einer Tour auf dem Markt kaufen, genauso wie Dynamit für die Arbeiter.

Die MinenEl Tío

 Nachdem wir heil wieder aus der Mine herausgekommen waren, besuchten wir die "Casa de la Moneda" (Haus der Münze). In diesem Museum erfuhren wir mehr über die Herstellung der Münzen, die die Spanier aus dem Silber herstellen ließen, um sie anschließend in die ganze Welt zu verschiffen. Auch andere Gegenstände wurden aus dem Silber hergestellt.

Da das Silber aber mit der Zeit immer mehr an Wert verlor und die Spanier einen Großteil des Silbers ins Ausland exportiert hatten, ist die Stadt mittlerweile weder so reich noch so bevölkerungsreich, wie sie es einst war.

 Potosí ist eine sehr schöne Stadt mit vielen kleinen Gassen und Häusern im Kolonialstil. Mir hat die Stadt sehr gefallen, besonders die Ruhe im Vergleich zu La Paz. Trotzdem ist es sehr traurig sich vorzustellen, wie hier mal tausende Erwachsene und Kindern bis auf den Tod ausgebeutet wurden.

 Meine letzten Wochen werde ich ausnutzen, um noch etwas zu reisen. Deshalb kann es sein, dass ich wenig Zeit zum Schreiben finde.

Liebe Grüße
Leona;)